
2010 begriff ich erst in wessen Fängen und Klauen ich mich befand…STAZIS – Dr Friedrich Wolff war nur eine Figur im bösen Spiel !
Kommufaschistisches Gesockse in Juristenrobe im Dienste der STASI Justiz und ihrer Exekutive war das kleine graue Mänchen, der sich in Demenz und Alzheinmer flüchtet wie sein Minister Erich Mielke. Ganzes Leben einem ungesphnten Doppelmörder gedient!
04.03.13
Peter-Michael Diestel
Bürgerlicher Kopf auf kommunistischem Körper
Der letzte DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel und “Welt”-Autor Henryk M. Broder lernten sich 1993 kennen – als Gegner in einem Prozess um Stasi-Vorwürfe. Nun trafen sich die beiden wieder
Kaffee mit dem letzten DDR-Innenminister: Ein Gespräch mit Peter-Michael Diestel
In meinem Leben als Beklagter spielt Peter-Michael Diestel eine wichtige Rolle. 1993 erschien mein Buch “Erbarmen mit den Deutschen”, darin schrieb ich unter anderem, Diestel sei “als letzter Innenminister der DDR mitverantwortlich gewesen für die Vernichtung eines Teils der Stasi-Akten”.
Nicht etwa, Diestel hätte die Aktion angeordnet oder gar eigenhändig ausgeführt, nein, er wäre nur “mitverantwortlich gewesen”. Der Tatbestand war eindeutig. Zu der Zeit, als Diestel das Innenministerium führte, wurden Stasi-Akten geschreddert.
Die Verantwortung dafür lag beim zuständigen Innenminister. Das war so klar und selbstverständlich, wie es klar und selbstverständlich ist, dass ein Finanzminister die Verantwortung dafür trägt, wenn aus seinem Amtsbereich Unterlagen über Steuerhinterzieher verschwinden.
Nachdem das Buch erschienen war, ließ mir Diestel eine “Abmahnung” zustellen, auf den Weg gebracht von einem bekannten Hamburger Anwalt, der mit jeder Faser seiner maßgeschneiderten Tweed-Sakkos der alten DDR nachtrauerte.
Das Verfahren kostete Diestel 200.000 DM
Um einen Prozess zu vermeiden, kam ich Diestel entgegen. In der zweiten Auflage des Buches sprach ich von “Diestel, in dessen Amtszeit als Innenminister Akten vernichtet wurden, wofür er jede Verantwortung bestreitet“. Das war mehr als fair, dachte ich.
Aber Diestel war es nicht genug. Er ließ mir wieder eine “Abmahnung” zustellen, die ich zurückgehen ließ. Worauf Diestel Klage beim Landgericht Hamburg einreichte. Sein Anwalt führte aus, weder seien in Diestels Amtszeit als Innenminister Akten vernichtet worden noch sei er dafür verantwortlich.
Das war zwar in sich nicht ganz logisch, aber Diestel und sein Anwalt waren sich ihrer Sache so sicher, dass sie außer mir auch noch ein halbes Dutzend Verlage und Journalisten verklagten, die Ähnliches behauptet hatten: Springer, Burda, “FAZ”, “Spiegel”, Hoffmann und Campe sowie Johannes Gross.
Das ganze Verfahren zog sich über zwei Jahre hin und endete am 10. Juli 1995 mit einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts, das Diestels Klage zurückwies und feststellte, er trage die politische Verantwortung für die Vernichtung von Stasi-Akten während seiner Amtszeit. Es war der letzte Prozess, den Diestel in dieser Sache führte. Alles in allem hatte ihn das Verfahren etwa 200.000 DM gekostet. Wenig später setzte sich auch sein Anwalt zur Ruhe.
“Broder, mein Freund, wie schön, Sie wiederzusehen!”
Letzten Dezember trafen wir uns wieder, auf der Weihnachtsfeier eines gemeinsamen Freundes, der uns, ohne die Vorgeschichte zu kennen, an denselbem Tisch platziert hatte. Kaum hatte er mich erkannt, drückte er mich schon an seine Kampfschwimmerbrust und rief: “Broder, mein Freund, wie schön, Sie wiederzusehen!”
Zu sagen, ich sei überrascht gewesen, wäre eine arge Untertreibung, ich war platt. Zumal ich das Gefühl hatte, er meinte es ehrlich. Am Ende der Weihnachtsfeier waren wir schon beim Du, und Diestel – ich meine: Peter-Michael – lud mich ein, ihn in seiner Potsdamer Anwaltskanzlei zu besuchen.
Die Kanzlei liegt in einer restaurierten Gründerzeitvilla gleich hinter der Glienicker Brücke, auf der zur Zeit des Kalten Krieges Agenten zwischen Ost und West ausgetauscht wurden. Geschmackvoll, aber nicht protzig mit antiken Möbeln eingerichtet, ist es eine von vier Niederlassungen, die Diestel betreibt beziehungsweise an denen er beteiligt ist.
Sein Idol und bester Freund: Stefan Heym
Das Bild „Schlesische Herbststimmung“ des deutschen Landschaftsmalers Ernst Karl Eugen Koerner
An der Wand gegenüber seinem Schreibtisch hängt ein Gemälde des deutschen Landschaftsmalers Ernst Karl Eugen Koerner (“Schlesische Herbststimmung”) aus dem Jahre 1898, das heute etwa so viel wert ist wie der S-Klasse-Mercedes, der im Hof parkt.
“Ich habe es billig bei einem Trödler gekauft und restaurieren lassen”, sagt Diestel. Noch mehr bedeutet ihm aber ein gerahmtes Farbfoto, das im Flur hängt. Es zeigt Stefan Heym in der Pose von Nathan dem Weisen.
“Er war mein bester Freund”, sagt Diestel, “mein Idol, ich habe ihn geliebt.” Heym – Jude, Emigrant, US-Bürger, das Enfant terrible der DDR. Ein Widerständler, der das Privileg genoss, im Kaufhaus des Westens einkaufen zu dürfen, und sich nach dem Fall der Mauer über die “Horde von Wütigen” lustig machte, “die, Rücken an Bauch gedrängt, Hertie und Bilka zustrebten auf der Jagd nach dem glitzernden Tinnef”, den er als qualitätsbewusster Revolutionär verachtete.
Das also, denke ich, ist die Welt des Peter-Michael Diestel. Deutsche Spätromantik und Kitsch mit menschlichem Antlitz. Diestel scheint Gedanken lesen zu können. “Als Innenminister der DDR war ich ein bürgerlicher Kopf auf einem kommunistischen Körper.”
Das Abenteuer seines Lebens
Seine Vorfahren waren Großgrundbesitzer, sein Vater ein Offizier der Wehrmacht, der sich nach der Niederlage von Stalingrad dem “Bund deutscher Offiziere” und dem “Nationalkomitee Freies Deutschland” anschloss, um nach seiner Entlassung aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft beim Aufbau der DDR-Volksarmee mitzumachen.
Da sitz ich nun und kann nicht anders: Ich staune. Wie viel deutsche Geschichte passt in eine Feldflasche? Diestel holt mich in die Realität zurück. “Ich war sechs Monate Innenminister der DDR, vom 10. April bis zum 3. Oktober 1990. Das war das Abenteuer meines Lebens.”
Es fing freilich schon vor dem Fall der Mauer an, mit einem “politischen Gesprächskreis” zum Thema “deutsche Einheit” in der Leipziger Thomaskirche; da habe ihm Kohl über seinen Büroleiter ausrichten lassen: “Herr Diestel, es ist noch nicht so weit”, worauf Diestel, sagt Diestel, erwidert habe: “Herr Bundeskanzler, ich mache das, was ich für richtig halte.”
Aus dem politischen Gesprächskreis entstand die CSPD, die Christlich-Soziale Partei Deutschlands. Diestel: “Das war wie Haschisch verkaufen mitten auf einer Kreuzung vor den Augen der Volkspolizei. Aber da war die DDR ja schon schwach, angeschlagen. Und ich wusste, die werden mir die Löffel langziehen, aber sie werden mich nicht einsperren. Vor dem Knast hab ich Angst gehabt.”
“Dieser Volltrottel soll es jetzt machen”
Die CSPD war mehr eine Bürgerinitiative als eine Partei, aber für Diestel war sie das Sprungbrett in ein größeres Becken. Er gehörte zu den Urvätern der Deutschen Sozialen Union (DSU), die im Januar 1990 im Leipziger Gasthaus “Goldene Krone” gegründet wurde.
Finanziert wurde die DSU von der bayerischen CSU, auf eine sehr einfache Weise. “Ich fuhr nach München und holte mir dort Bargeld ab. 100.000 Mark West waren auf dem Schwarzmarkt eine Million Mark Ost. Damit konnte man schon was anfangen.” Zusammen mit der CDU-Ost und dem “Demokratischen Aufbruch” trat die DSU in der “Allianz für Deutschland” bei der Volkskammerwahl am 18. März 1990 an, der ersten und letzten freien Wahl in der Geschichte der DDR.
Und so wurde Peter-Michael Diestel, gerade 38 Jahre alt, Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident in der Regierung von Lothar de Maizière, Herr über mehr als 100.000 Volkspolizisten und andere bewaffnete Organe eines Staates, der im Begriffe war, sich selbst abzuwickeln.
“Nach vier Wochen hatte ich mich mit den Leuten verbrüdert, ich hätte auch putschen können. Diese Machtfülle, das war der reine Irrsinn.” Dabei habe ihm keiner zugetraut, dass er den Job schafft. “Die dachten alle, ich falle auf die Fresse. Sie konnten nicht an mir vorbei, aber sie mochten mich nicht.” Und da “hat der liebe Gott gesagt: Dieser Volltrottel soll es jetzt machen”.
Mit Lothar de Maizière, sagt Diestel, sei er noch immer befreundet, obwohl “er ein IM war”. Aber: “Er geht damit klug um. Und er ist ein guter Mensch.”
DDR-Aufarbeitung auf die IM reduziert
Zu Manfred Stolpe habe er keinen Kontakt mehr, “obwohl ich ihm damals den Arsch gerettet habe”. Das war im Brandenburger Landtag, wo Diestel als Oppositionsführer und Fraktionschef der CDU die Bildung eines Untersuchungsausschusses angeregt hatte, der die Stasi-Vorwürfe gegen den ehemaligen Konsistorialpräsidenten der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Manfred Stolpe (SPD), der Diestel im Kampf um den Posten des Ministerpräsidenten geschlagen hatte, prüfen sollte.
Der Hilfeleistung für den Konkurrenten lag ein Kalkül zugrunde. “Ich habe ja gewusst, wer er war. Aber ich wusste auch, dass so ein kleiner IM mit der ganzen DDR-Hierarchie im machtpolitischen Sinne nichts zu tun hatte.”
Die DDR war “eine lupenreine Diktatur“, aber man habe “die Aufarbeitung der DDR auf die IMs reduziert” und darüber übersehen, “dass es da auch Führungsoffiziere gab, eine SED-Bezirksleitung, ein Zentralkomitee und ein Politbüro, das festlegte, wer was zu tun hatte”. Ein IM, sagt Diestel, auch ein Kirchen-IM, “war nur das letzte Glied in einer langen Kette”.
So habe er dem Untersuchungsausschuss gesagt: “Nun untersucht mal ordentlich!”, und dafür gesorgt, dass sich dessen Arbeit über zwei Legislaturperioden hinzog, auch dann noch, als Diestel nicht mehr im Landtag saß. “Das ist keine Kunst, das geht ganz einfach.” Am Ende stellte der Ausschuss fest, eine IM-Tätigkeit von Stolpe sei “nicht nachweisbar”.
Diestel: “Ich war immer besser als Gysi”
Und Gysi? Was ist mit Gysi? Der sei, sagt Diestel, “immer privilegiert gewesen“, Sohn eines hoch angesehenen Funktionärs, der als Botschafter, Kulturminister und Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR gedient habe. Gysi könne es sich gar nicht vorstellen, in der zweiten Reihe zu sitzen.
Andererseits: “Gregor ist unter 1,60. Er hat keine breiten Schultern wie ich. Er ist kein Kampfschwimmer. Wir haben beide das Gleiche gelernt, Melker, aber ich war immer besser. Ich war zwei Mal DDR-Meister im Handmelken, ich konnte melken wie ein Weltmeister.” Für Gysi gehe es “um alles oder nichts, er kann nicht aufhören, er kann nicht zurück”.
Allein die Prozesskosten, die er erstatten müsste, würden ihn ruinieren. Unter diesen Bedingungen sei das “Überleben moralisch hochwertig”. Und er habe eine Partei hinter sich, die genau weiß, dass sie ohne ihn den Bach runtergehen würde. Auch das sei “eine Frage des Überlebens” – im wörtlichen Sinne.
DDR-Hymne als Klingelton
Diestels Handy klingelt. “Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt…”, die Hymne der DDR, komponiert von Hanns Eisler, getextet von Johannes R. Becher.
“Es ist die Melodie meines Lebens“, sagt Diestel. Er habe eben das Glück gehabt, im entscheidenden Moment an der richtigen Stelle zu sein, wie ein “Gefreiter der Reserve, der durch historisch einmalige Umstände in die Position eines Generals geraten ist”. Und immer nur ein Problem gehabt: “Alle Männer finden mich Scheiße, wenn die in einen Raum kommen, wo ich schon drin bin, dann spielen die keine Rolle mehr.”
Diestel hat einen Termin in seinem Leipziger Büro. Ich muss zurück nach Berlin. Über die Glienicker Brücke. Wir freuen uns, dass unser Gespräch in einer freundschaftlichen Atmosphäre stattgefunden hat und vereinbaren, den Gedankenaustausch bald fortzusetzen.
Bis dahin gibt mir Peter-Michael einen Rat mit auf den Weg: “Henryk, achte darauf, dir nicht mehr Feinde zu machen, als du beerdigen kannst.”