Sehr geehrte Frau Merkel,
wir in Russland, die uns als die Enkelkinder des Zweiten Weltkrieges wahrnehmen, müssen erbittert mitverfolgen, wie deutsche Medien und Politiker sich de facto zum Neonazismus im postsowjetischen Raum bekennen.
Wollen wir aber zunächst die Terminologie auf einen Nenner bringen. Sind Sie damit einverstanden, dass der Nazismus eine zugespitzte Form des staatlich unterstützten Rassismus ist, lediglich des Hasses zu “anderen” Völkern gegenüber der Stammnation? Sind Sie damit einverstanden, dass die Idealisierung des Hitlerismus in jeglicher Form ein vorsätzliches Verbrechen ist, laut den Normen des internationalen sowie des nationalen Rechts? Ausgezeichnet! Deutsche sind auf Logik angewiesen. Stellen Sie sich vor, bei uns Russen ist dies auch der Fall. Logisch gesehen, muss folglich die Unterstützung des Nazismus als schweres Delikt beurteilt werden, nicht wahr?
Das deutsche Volk – dies bezieht sich ausschließlich auf Westdeutschland – ist das einzige, welches nach Ende des Zweiten Weltkrieges seine nationale Schuld eingestanden hat. Japan, Italien, andere Staaten, darunter auch EU-Mitglieder – ehemalige Alliierte Hitlerdeutschlands und Mitaggressoren der Wehrmacht – durften dieser Reue ausweichen. Als Folge mussten mehrere deutsche Generationen, neben Kriegskontributionen, diese Schuld allein auslöffeln. Halten Sie es für gerecht, dass heutzutage in vielen Ländern offenbare Nazi-Symbolik als politisches Instrument gebraucht wird, Kriegsverbrecher als Nationalhelden geachtet werden, Lehr- und Kinderbücher den Hitlerismus heldenhaft darlegen, wobei Deutsche dies in Kauf nehmen und weiterhin zahlen müssen?
Ich darf hier eine hierzulande nicht allzu breit besprochene Idee zum Ausdruck bringen. Unsere Völker haben gleich schwer den Nazismus erlitten. Wir haben beinahe 30 Millionen Menschenleben geopfert. Mehrere meiner Verwandten sind in Kriegsgräbern bestattet. Und Sie werden kaum eine Familie in Russland und in den ehemaligen Sowjetrepubliken finden, welche sich von meiner in dieser Hinsicht unterscheidet. Doch auch Deutsche haben den Nazismus mitausgerottet. Nach all ihren Opfern auf Kriegsfeldern, quergestellter Wirtschaft und Armut, dürfen sie jetzt stolz sein, den Hitlerismus in ihrem Zuhause ausgerottet zu haben. Vielleicht deswegen, aber auch dank einem kaum in der Welt bekannten russischen Charakterzug – geschlagene Todesfeinde als Freunde zu empfinden, haben Wehrmacht-Oberleutnant Helmut Schmidt und der sowjetische Generalleutnant Leonid Breschnew einander über die Mauer die Hände gereicht und so 1975 in Helsinki den Zweiten Weltkrieg auf dem Papier beendet.
Unsere Generation ist sich darüber im Klaren, dass die beiden Architekten der europäischen Sicherheit das deutsch-sowjetische “Gas-Röhren-Geschäft” als Wirtschaftsgrundlage des Helsinki-Prozesses ins Rollen gebracht haben. Haben ihre Mitbürger vergessen, dass dies die Hauptschlagader für ein sicheres und friedliches Europa vorausgesetzt hatte, jedoch nicht dazu gedacht war, antirussische Interessenskämpfe in der Ukraine auszutragen?
Wieso entziehen Sie den Deutschen ihr Recht, auf ihre globale Friedensrolle nach dem Krieg stolz zu sein? Ob es sich lohnt, diesen ehrenvollen Erbfaktor zunichte zu machen mit einer politischen Koketterie um Vitali Klitschko? Ob es sich lohnte, ihn auf den Posten eines ukrainischen Politikers durchzuboxen? Ich vermute, es gibt da noch andere Motive neben seinen offensichtlichen posttraumatischen Gedächtnisproblemen, markanter Russophobie und Bekenntnisse zum Hitlerismus. Es ist durchaus möglich, dass Sie die Erklärung dieses amerikanischen Steuerzahlers verpasst haben, dass der Zweite Weltkrieg kein historisches Subjekt sei, sowie seinen Einsatz gegen einen Gesetzesentwurf, der die Leugnung der Verbrechen des Faschismus unter Strafe stellen sollte? Dann bin ich gespannt, Ihre Logik mitverfolgen zu können.
Sehr geehrte Frau Merkel, ich wage anzunehmen, Sie verstehen die Westdeutschen nicht gut genug. Denn Sie stammen aus der damaligen DDR, einem Staat, der wie auch andere Warschauer Vertragsstaaten – Ungarn, die Tschechoslowakei, Rumänien, Bulgarien sowie die ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Litauen und Lettland – vom Nazismus „befreit” wurde und keine Verantwortung für die Beteiligung an der Hitler-Aggression mitgetragen haben. Kein Zufall also, dass dort nach der Zerstörung der UdSSR das Thema der sowjetischen Besatzung die Kernfrage der neuen Staatspolitik geprägt hatte. Apropos Besatzung: wir sind uns darüber im Klaren, dass trotz starker Wirtschaft, Deutschland ein besetztes Land bleibt. Denn als die Wiedervereinigung in Deutschland friedlich erfolgte, versprach Ronald Reagan Gorbatschow nach dem Muster des Warschauer Paktes auch die NATO aufzulösen. Doch davon ist bis heute nichts zu merken. Der Wortbruch hatte ohne Verteidigungspragmatik einen puren politischen Sinn: den postsowjetischen Raum weiter zu zergliedern. Dabei mussten die nordatlantischen Allianzpartner dafür aufkommen. Deutschland hat hier wieder den Kürzeren gezogen. Einst im Entspannungsvorgang zum Mitglied des Pools der führenden Weltmächte geworden, ist Deutschland, aus dem russischen Blickwinkel gesehen, heutzutage bis zum Status einer ferngesteuerten Bananenkolonie heruntergekommen. Als Blutspender der EU muss die Bundesrepublik die Gehälter derjenigen Staaten subventionieren, deren Alltag marschierende Nazis prägen, sowie bei Nato-Militärverbrechen ordentlich mittun. Ist Ihnen die blutlose Wiedervereinigung Russlands und der Krim zuwider? Denken Sie an die Armuran-Sprengköpfe über den Wohnvierteln von Belgrad, erschossene serbische Friedensdemonstranten durch Bundeswehr-Soldaten und an die ohne jegliches Referendum erfolgte Unabhängigkeitserklärung des Kosovo.
Sprechen wir von Doppelstandards? Wollen wir doch ehrlich sein: die Ursache wurzelt im antirussischen Rassismus. Erklärungen der Mitglieder Ihres Kabinetts zum Thema „Ukraine” weisen ein Verhalten gegenüber uns Russen als Untermenschen auf. Dies macht mir deutlich, warum Sie den ukrainischen Nazismus einfach übersehen und Putin verurteilen, der erstmals nach vierundzwanzig Jahren den Hitler-Nachkommen eine Ohrfeige verpasste. Und ich bin sicher, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ihn ausgerechnet dafür respektiert.
Wir verstehen, dass Sie als Leute eines besetzten Landes auf die Beschlussfassungen aus der Metropole angewiesen sind. Auch in antirussischen Doktrinen. Doch ich schlage vor – nein, nicht Ihnen, sondern Ihren Mitbürgern: alles Aufgeopferte nicht vergeblich zu machen, all ihre Erfahrung aufzubringen und gemeinsam mit Russland die Entnazifizierung der Ukraine voran zu treiben. Und bitte bedenken Sie, dass jeder Steuerzahler einmal ein Wähler ist. Und wer die Wahl hat, der hat auch die Verantwortung.
Ich hoffe auf ihr Verständnis, Roman Gasenko, Dokumentarfilmregisseur/ Russland
http://www.iarex.ru/articles/ 47148.html
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# 23 April, 13:3524 April, 07:44Lieber Roman; Du sprichst mir aus der Seele und Du weißt ja gar nicht, wie Recht Du mit all dem hast. Glaube mir, wenn ich Dir versichere, dass mir, wie vielen meiner deutschen Mitbürger auch, seit langem mehr als schlecht wird, wenn ich sehe, wohin dieses Land seit 1989 gesteuert ist. Grundsätzlich war ich schon damals eher gegen ein wiedervereintes Deutschland unter den damals gegebenen Bedingungen und Zielen, und erst recht sehe ich mich heute in allem, selbst den schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Nicht nur, dass diese Republik zu einer “Bananenrepublik” verkommen ist, die allen möglichen Herrn wohlwollend dient, nur nicht sich selbst, nein, sie ist unsozialer geworden, als selbst der “alte” Westen es noch war, sie ist militanter geworden, als zu den schlimmsten kalten Kriegszeiten, denn wir ziehen wieder aktiv in den Krieg, seit Jahren. Als ich das erste mal hörte das deutsche Soldaten in Kampfhandlungen verwundet wurden, das deutsche Soldaten im Ausland wieder töteten, da blieb mir der Bissen im Halse stecken! Aber was das Schlimmste ist, dieses Deutschland ist in den vergangenen 20 Jahren unglaublich verdummt. Das kann man sich gar nicht vorstellen, wie einfältig die Leute geworden sind. Und ja, damit meine ich durchaus meine lieben Mitmenschen aus der Mehrheitsbevölkerung hier, nicht jeden persönlich, aber doch die Mehrheit. Denn nur so ist es mir erklärbar, dass sie alle sich diese Zustände hier Jahr ein Jahr aus in Deutschland noch bieten lassen. Glauben Sie mir, der ich im Jahre 1966 in Ost-Berlin zur Welt kam, und der doch von Anfang an immer gute und zahlreiche Kontakte auch zu Bürgern des ehemaligen West-Deutschlands und West-Berlins hatte, wenn ich Ihnen sagen, auch jene Menschen erkennen ihr Land nicht mehr wieder in dem Alltäglichen, dass sie hier umgibt. Und jeder der noch halbwegs des Denkens fähig sein möge, sollte es mit der Angst bekommen, wohin sich dies alles noch entwickeln kann, wenn niemand diesem Einhalt gebieten wird. Gütiger Himmel, man stelle sich vor, im reichsten Land der EU schreit einen die blanke Armut an jeder Ecke lauthals an, müssen Lehrer ihren Grundschülern Butterbrote schmiere, damit diese wenigstens hin und wieder ein Frühstück bekommen, werden verunfallte kleine Kinder in Krankenhäusern nicht behandelt, weil die Versichertungschipkarte nicht sogleich vorgelegt werden kann, im reichsten Land der EU, wissen einige Menschen nicht, wie sie ihre Heizung und ihren Strom bezahlen sollen, oder ihr Essen, und im reichsten Land der EU, können es sich Politiker leisten von “Alternativlossigkeit ihre Handlungen und Entscheidungen” zu sprechen und es wird ihnen nicht übelgenommen, können führende Landespolitiker der bewußten, absichtsvollen Lüge überführt werden und verlieren ihr Amt nicht augenblicklich, sondern werden sogar noch wieder gewählt vom belogenen Volk (R. Koch). Wo bitte leben wir denn hier? In Deutschland doch jedenfalls nicht, oder etwa doch? – Und ja, ich weiß, das alles sind immer nur Einzellfälle. Aber Himmel noch mal, wann bitte haben wir beschlossen, uns so etwas leisten zu wollen?! – Ehrlich, da hätten wir auch in der DDR bleiben können. Habe ich dafür mein Leben, meine Gesundheit und meine Zukunft im Jahr 1989 in der Berliner Gethsemane Kirche aufs Spiel gesetzt, seit dem Sommer? Ganz bestimmt nicht! Wenn diese Menschen hier doch nur aufwachen würden, endlich, wenn sie endlich begreifen würden, wie sehr man sie hier manipuliert und belügt und betrügt um ihr Leben ihren Wohlstand und ihre Gesundheit und die Zukunft ihrer Kinder, und ihnen tagtäglich vorgaukelt, alles sei bestens und es würde ihnen doch so gut gehen, wie nur irgend möglich. Aber nein, sie schlafen, eingelullt von dem unerschütterlichen Glauben, sie wären doch so gut und niemand könnte Deutschland je das Wasser reichen, nicht auf wirtschaftlichem Gebiet, nicht auf demokratischem und schon gar nicht auf sozialem oder dem Feld der Bildung. Und dabei müßten sie doch nur einmal über den deutschen Tellerrand schauen. Zum Beispiel, wenn es um Mindestlohn geht (Dänemark), oder um die Bezahlung von Leiharbeitern (Frankreich). Aber nein, Aufmerksamkeit, Solidarität und Mitgefühl sind im Deutschland von heute sehr rare Blumen, doch dafür gedeiht das Unkraut der Einbildung an allen Ecken. Ich verstehe dieses Volk nicht mehr, aber ich schäme mich täglich auf’s neue für dieses. Sie merken nicht einmal mehr, dass alle Welt über sie lacht, über das Volk der Dichter und Denker, das in Gänze nicht einmal mehr seine eigene Sprache beherrscht. – Und das ist der leidvolle Grund, Roman, aus dem heraus sich auch diese, ihr eigenes Volk und Land längst ignorierende Regierung erklären mag. Es ist die Dummheit, Ignoranz und Hochmütigkeit der fleißigen Deutschen. Und genau diese Mischung macht alles so gefährlich.24 April, 13:06Dem ist nichts hinzuzufügen, alles beim Namen genannt!!!24 April, 14:00Das unterschreibe ich aus vollster Überzeugung mit. Danke Roman Gasenko aus Deutschland.24 April, 14:37Ein “kluger” Schachzug der Juden um über die Lügen der Kriegsschuld und an den Greueltaten der Siegermächte an dem Deutschen Volk abzulenken und die leichtgläubigen Gutmenschen und desshalb unbewussten Volksveräter in die Irre zu führen.24 April, 15:03Dummes Zeug!!!!!24 April, 18:33warum durften dann rechtsradikale aus der EU auf der Krim die Wahl “beobachten”. lol. Faschist rufen aber sie selbst mit in Bett bringen. lol24 April, 20:37Welcher der 25. Punkteprogramme der Nationalsozialisten ist denn besonders verwerflich? Ich bemerke eine überlieferte Abneigung der Masse die jedoch keinesfalls sich damit auseinandergesetzt hat. Ich meine mit auseinandergesetzt nicht die abendlichen ZDF Dokus und die durch die Siegermächte erstellten Geschichtsbücher. Erstaunlich finde ich, dass genau die Menschen die bemerken welche Kriege heute auf Lügen aufgebaut sind, die geschehenen Kriege aus furcht (?) nicht mit allen konsequenzen hinterfragen. Die richtigen “ungeheuerlichen” aber befreienden Fragen werden kaum gestellt. Die Springerstiefel Legions-Rüppel Kämpfer die sogenannten Prügel Neonazi Meute die nun vermehrt gerne durch die Presse gezogen wird, sollte man nicht zum Vergleich für die Deutschen Soldaten von damals nehmen, das entspräche schlicht nicht der Wahrheit. Das heutige Finanz-Übel kann leicht dazu führen, dass man in der Vergangenheit sucht um Verwandschaft der Situation von damals zu finden. Ich glaube an das Erwachen der Deutschen!Heute, 10:20Ich bitte um Erlaubnis den OFFENEN Brief auf meinem blog http://www.adamlauks.wordpress.com zu rebloggen ! Sonst hätte ich mich niemals an die Kanzlerin gewandt.